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is rocking inspiration...                          let the good times roll....         !!! Der Beicht-Senkel !!!         There is no life without Trigolopadong!               !!! Irrungen und Wirrungen !!!

 Leben in Atemwenden

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DER WEISE DORFEÄLESTE UND DIE REGENWÜRMER
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In jenen fernen Zeiten, in denen die ersten Menschen lebten, schien diesen die Erde weit und grenzenlos. Sie lebten im Einklang mit sich und der Natur, sie lebten so, wie es sich die romantischen Leute von heute vorstellen.

Eines Tages, nachdem eine gähnend lange Zeit die Sonne geschienen hatte, fiel endlich ein heftiger Regen auf die Erde. Das muss ja auch sein.

Gerade zu jenem Zeitpunkt litt der Dorfälteste eines in paradiesischen Zuständen lebenden Alpenstammes an einer fürchterlichen Regenscheue. Da er als Dorfältester nicht nur sehr alt sondern auch sehr weise war, fiel ihm das Glück in den Schoss, den Grundstein zu den menschlichen Irrungen und Wirrungen zu legen. Er hatte nämlich während früheren Gewittern bemerkt, dass Regenwürmer eine seltsame Vorliebe zu dem himmlischen Nass bekundeten. Natürlich kannte er als Dorfältester den Unterschied zwischen den Regenwürmern und den Menschen: die Würmer, die kriechen im Dreck und auf dem Boden, während die Menschen auf zwei Beinen laufen, Kriechtiere also und Beinler. Das Leben hatte den Dorfältesten kombinieren gelernt, also kombinierte er: Regenwürmer bewegen sich nicht auf dieselbe Art und Weise fort wie die Menschen, was nachhaltig in der Natur beobachtet werden kann. Wenn die Natur aber Wert legt auf diesen Unterschied, dann ist es nicht nur möglich, nein, vielmehr höchst wahrscheinlich, dass sie noch andere Unterschiede ausgelegt hat, Unterschiede, die herausfinden bisher noch keinem gelang. Während er nun angestrengt nachsann, fiel der Regen immer heftiger. Sein Haupt war schon klatschnass, die Haare vom schweren Nass niedergedrückt, niedergedrückt auch sein Gemüt, ah, dieses erfolglose Forschen und Grübeln nach Unterschieden!

Unweit von sich sah er einige Jäger aus seinem Dorf sich fröhlich im durchnässten Boden suhlen. Angesichts dieser Jäger fiel es ihm schwer, weitere Unterschiede zwischen Mensch und Regenwurm herauszufinden. Ärger stieg in auf. Als nun aber auch noch eine riesige Horde Regenwürmer, ihrem natürlichen Trieb folgend, aus ihren Löchern hervorkrochen, war es um die Ruhe des Dorfältesten geschehen. Er erhob zornig die rechte seiner riesigen altersschwachen Fäuste und schlug damit so mächtig in die Felswand, neben der er stand, dass gut und gern zehn bis fünfzehn Kubik Gestein abbröckelte. Der Schlag war so heftig geführt worden, dass unser Dorfälteste dabei den Fingernagel des kleinen Fingers verloren hatte. Der Faustschlag in den Felsen aber, und der dabei verlorene Fingernagel waren Schicksal bestimmend für die spätere Menschheit.

Als nämlich das Blut aus dem verletzten Fingerspitz herausschoss und das Innere der in den Felsen eingeschlagenen Höhlung verspritzte, ergab sich ein unwahrscheinliches Farbgemisch. Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, nackter Felsen und frisches, wenn auch altersschwaches Blut. Der Dorfälteste stutzte, schüttelte erst einmal den Kopf, wandte sich halbwegs ab, spähte zurück, blickte zum Himmel hinauf, und blieb dann erschöpft an Boden liegen. Wie konnte er auch um die Wichtigkeit jenes historischen Momentes wissen. Hätte er gewusst, was für Folgen sein Faustschlag mit sich bringen würde, hätte er sich wahrscheinlich lange vor dem Gewitter beide Arme abschlagen lassen. Vielleicht hätte er sogar schon im Mutterleib den Wuchs seiner Arme gestoppt, ja es ist sogar möglich, dass er sich als Spermium geweigert hätte, eine Verbindung mit dem mütterlichen Ei einzugehen. Aber er wusste ja um nichts.

Der auf dem Boden liegende focht in seinem Innern einen fürchterlichen Kampf. Er geriet in solche Hitze, dass der immer noch heftig fallende Regen auf seinem Körper buchstäblich verdampfte. Unerklärlich bis heute, wieso der heisse Dampf ihm nicht die Haut verbrannte.

Als er sich nach langem ermüdenden Kampf endlich ein bisschen beruhigt hatte, stand er auf und näherte er sich zögernd dem Höhleneingang. Er spürte nun wieder den Regen, der nicht mehr verdampfte, seine Regenscheue kam ihm in den Sinn, doch konnte er im Moment noch nichts damit anfangen. Er war verwirrt. Und neugierig. Zum ersten Mal in seinem Leben so richtig neugierig. A11e Furcht vergessend, trat er in die Höhle ein. Er liess seinen Blick in die Runde schweifen, staunte, brummte etwas. Es klang ziemlich hohl. Vor allem faszinierte ihn das Rot an den Wänden. Mit allen seinen Sinnen suchte er es zu fassen. Wie zufällig entdeckte er den verlorenen Fingernagel, an der Höhlendecke klebend. Während er noch damit beschäftigt war, diesen Fingernagel wieder dem kleinen Finger einzuverleiben, trafen ihn plötzlich Blitze der Erkenntnis: Er bemerkte, dass es in der Höhle nicht regnete, vergewisserte sich in Sekundenschnelle, ob sich auch ganz gewiss keine Regerwürmer in der Höhle befänden und hub sogleich zu einem schauerlichen Geschrei an, wie es nur Dorfälteste im Rausch der Erkenntnis dazu imstande sind.

Von diesem Geschrei angelockt, sprangen die immer noch auf dem Boden suhlenden Jäger auf, eilten herbei und schüttelten verständnislos die Köpfe ob dem irren Getue ihres Weisesten. Dieser aber schrie in Erklärungsnot solange, bis er sich seine Stimme aus dem Leib geschrien hatte. Fortan war er stumm. Auch hatte es ihm ob der Stimmgewalt, die gar mächtig in der Höhle wiederhallte, die Ohren verschlagen. Also blieb er auch taub.

Wie nun die gesamte Jägerschaft am Eingang der Höhle versammelt war, konnte er sich also nicht mehr wie üblich mitteilen. Er gestikulierte und grunzte, die Jäger schüttelten nur verständnislos die Köpfe, er ging auf die Knie und zeichnete sich auf dem steinigen Boden die Finger wund, die Jäger schüttelten nur verständnislos die Köpfe, und je mehr er sich abmühte desto hoffnungsloser schüttelten die Jäger die Köpfe. Schlussendlich riss er sich halb wahnsinnig ob seiner Ohnmacht Haar und Bart vom Haupte , sprang mit einem mächtigen Satz aus der Höhle, ergriff den nächstbesten Regenwurm, sprang mit einem ebenso mächtigen Satz wieder in die Höhle zurück, legte den Wurm mitten in der Höhle auf den Boden und tanzte solange um ihn herum, bis nur noch die ausgetrocknete Haut des Wurms übrigblieb. Diese Haut nahm er nun vom Boden auf und zeigte sie anschaulich mit sprechenden Augen seinen Jägern. Die schwiegen vorerst, fingen dann an zu murmeln und kratzten an ihren Häuptern. Als Jäger hatten sie selbstverständlich schon Höhlen gesehen aber keiner konnte sich an eine so herrlich blutrotfarbene erinnern und keinem war es vordem vergönnt, an der Austrocknung eines Regenwurms dabei gewesen zu sein. Nein, von dieser Machtfülle hatten sie bis anhin nicht einmal geträumt.

Der Dorfälteste, der eine Verwandlung am Benehmen der Jäger bemerkte, seufzte erleichtert, holte noch einmal tief Atem und verschied.

Der nachfolgende Dorfälteste trat sofort in Erscheinung. Er wollte seinem Vorgänger an Tatendrang nicht nachstehen. Grimmigen Gesichts schritt er über den Leichnam hinweg an die Höhlenwand und fing nun seinerseits an, den Felsen zu behandeln, sich regelmässig unterbrechend um die vom verstorbenen weisen Vorgänger vordemonstrierten Riten durchzuführen. Die Jäger sahen also nun ihren neuen Dorfältesten in der Höhle, Felsbrocken aus der Wand schlagend, dazwischen gestikulierend und auf dem Boden die Finger blutig kritzelnd, Regenwürmer umtanzend und sich Haare ausreissend.

Allmählich ging das Fieber auf die Jäger über. Die Höhle war durch die Arbeit des neuen Dorfältesten grösser geworden,so sprangen die nächststehenden Jäger hinein und folgten dem Beispiel ihres Dorfältesten. Schliesslich nahm die Höhle den ganzen Alpenstamm auf. Und alle schlugen sie mit den Fäusten Felsstücke aus der Höhle, gestikulierten und grunzten sie, kritzelten sich die Finger wund und rissen sich die Haare aus. In ihrem Eifer vergassen sie jegliches Raum und Zeit Gefühl.

Eines Tages wurde den einstigen Jägern der Weg nach draussen zu den Regenwürmern zu lang. So nahmen sie alle eine Regenwurmzucht mit sich hinein. Auf diese Art ersparten sie sich den Weg. Nicht lange danach starb einem Jäger seine Regenwurmzucht weg. Als er sich draussen eine neue holen wollte, fand er den Ausgang nicht mehr. Traurig irrte er durch die blutverschmierten von Regenwürmerhäuten bedeckten Höhlengänge. Und wenn er zufällig einmal einen Jäger wiedersah, ihm sein Leid klagte , hatte dieser keine Zeit. Der von seiner Zucht im Stich gelassene Jäger musste nach einer gewissen Zeit feststellen, dass die Jagdkollegen von einst, die er antraf , so schnell und so fiebrig arbeiteten, dass er ihnen kaum mit seinen Augen zu folgen vermochte. Das Labyrinth wurde immer grösser und unheimlicher und es wächst immer noch und manchmal, selten zwar, triffst du auf einen Jäger, der seine Zucht verloren hat.


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